• Pferde helfen

Was ist Hippotherapie:

Pferde helfen dem Patienten reaktiv,  den Rumpf funktionell, symmetrisch, rhythmisch, alternierend und in der Fortbewegung gangtypisch zu aktivieren

Hippotherapie ist eine von Physiotherapeuten durchgeführte Maßnahme in der Neurologie. Dabei wird die Bewegungsübertragung des möglichst geradeaus im Schritt geführten Pferdes zur Therapie von Patienten mit zentralen Bewegungsstörungen genutzt.

Hippotherapie muss wegen ihrer medizinisch¬therapeutischen Zielsetzung klar abgegrenzt werden vom heilpädagogischen Reiten/Voltigieren (mit pädagogisch¬psychologischer Zielsetzung) und vom Behindertenreiten (mit rehabilitativer Zielsetzung).
Hippotherapie ist nicht Reiten…

Parkinsonpatient vor der Therapie.
10m Gehtest: 13,9 sec

Während der Hippotherapie.
Ich führe Conell, da der Pferdeführer filmt.

Parkinsonpatient nach der Therapie.
10m Gehtest: 9,2 sec

Direkter Vergleich vorher/nachher. Schrittlänge, Armpendel beachten

Wie wirkt Hippotherapie:

Der Patient sitzt locker im Spreizsitz auf dem Pferd und muss auf die Pferdebewegung reagieren. Er wirkt nicht aktiv auf das Pferd ein. Kleinpferde, z.B. das Islandpferd, gehen wie der Mensch im Schritttempo 120. Die Bewegungen werden vom Sattel verstärkt (es können, abhängig von den Bedürfnissen des Patienten, auch andere Hilfsmittel wie z.B. Therapiegurt und Pad zum Einsatz kommen) und rufen gangtypische Reaktionen im Rumpf hervor. Keine andere Therapieform fördert diese in dem Maße, in der Fortbewegung, alternierend, rhythmisch und symmetrisch.

Auswirkung auf Muskulatur und Gelenke des Patienten:

Die verkrampfte (spastische)Muskulatur lockert sich, schwache Muskelgruppen werden aktiviert und kräftiger, das Gleichgewicht beim Sitzen und Gehen verbessert sich, genauso die Koordination.

Ein stabiler Rumpf ist die Voraussetzung für die Verbesserung der Arm- und Beinfunktion.

So hilft Hippotherapie ganz wesentlich, das Gehen zu verbessern. Diesen Effekt konnte eine deutsche Studie über die Wirkung der Hippotherapie bei gehfähigen Patienten nachweisen, welche 2009 auf dem Internationalen Kongress für therapeutisches Reiten in Münster vorgestellt wurde.

Weil das Sitzen auf dem Pferderücken speziell auf Becken und Rumpf einwirkt, verbessert Hippotherapie auch bei Rollstuhlpatienten das Gleichgewicht, lindert Spastik und Koordinationsschwierigkeiten sowie Rückenbeschwerden. Auch die Verdauung kann positiv beeinflusst werden.

  • Normalisieren des Tonus in Rumpf und unteren Extremitäten
  • Förderung des selektiven Bewegens in LWS und Hüftgelenk
  • Verbesserung der Symmetrie, der Haltungs­- und Gleichgewichtsreaktionen im Sitz
  • Lockerung überlasteter Muskulatur im LWS- und Hüftgelenksbereich
  • Bessere Durchblutung

Zusätzlich ist die Behandlung auf dem Pferd und in der Natur für den Patienten eine positive Abwechslung. motiviert. ist gut für die Psyche und wird v.a. von Kindern nicht als Therapie sondern als Spaß wahrgenommen.

Wann sollte Hippotherapie eingesetzt werden:

immer dann, wenn die Wirkung, d.h. ein funktionelles gangtypisches Rumpftraining in gehemmter Position, symmetrisch, rhythmisch, alternierend und in der Fortbewegung in der Therapie anders nicht erreicht werden kann. Dazu kommt noch die hohe Anzahl an Wiederholungen, die man sich leicht ausrechnen kann bei einer Therapiedauer von ca. 20 Minuten und einer Schrittfrequenz von 110 -120 Schritten.
Die Kombination aus Gleichgewichtsreaktion bei der Vorwärtsbewegung mit gleichzeitiger gangtypischer Aktivierung der Muskulatur erreicht man mit keiner anderen Therapie.

Wie wird Hippotherapie durchgeführt:

Zur Therapie sollten nur charakterlich einwandfreie Kleinpferde, welche der Schrittfrequenz des Menschen am ähnlichsten sind, zum Einsatz kommen. Sie werden auf die besondere Situation der Therapie hin geschult und regelmäßig trainiert. Bei der Therapie steht für jedes Pferd eine geschulte und dem Pferd vertraute Helferin zum Führen zur Verfügung. Die Therapeutin kann sich so hundertprozentig auf den Patienten konzentrieren.
Als Hilfsmittel sollten verschiedene Sättel, Therapiegurte und eine Rampe als Aufstiegshilfe zur Verfügung stehen.
Die Therapie sollte abseits von Zuschauern auf einer gerade verlaufenden Wegstrecke stattfinden.
Da die Hippotherapie im Freien stattfindet, sollte die Bekleidung dem Wetter angepasst sein und genügend Bewegungsfreiheit ermöglichen.

Für welche Patienten ist Hippotherapie geeignet:

Im Vordergrund stehen angeborene und erworbene zentrale Bewegungsstörungen mit folgenden Symptomen:

  • spastische Hemi-/Tetra-/Paraparese (mehr oder weniger gehfähig bis rollstuhlpflichtig)
  • Rumpf- und Extremitätenataxien
  • Wahrnehmungs-/ Koordinationsstörungen
  • überlastungsbedingte Lumbalgien bei Spastik/Paresen; wie z.B. bei infantiler Cerebralparese, Multipler Sklerose, Hemiplegie, Querschnittssyndrom, Schädelhirntrauma, Spina bifida etc.

Auch bei orthopädischen Krankheitsbildern wie z.B. Skoliosen und Rückenschmerzen kann Hippotherapie hilfreich sein. Hier stehen jedoch auch andere effektive physiotherapeutische Maßnahmen zur Verfügung.

Ein privates Rezept oder eine Unbedenklichkeitserklärung vom behandelnden Arzt ist zum Ausschluss von Kontraindikationen erforderlich.

Die fachspezifische Abklärung, ob ein Patient für die Hippotherapie geeignet ist, ist dann Aufgabe der Hippotherapeuten. Wir erstellen einen hippotherapie-spezifischen Befund, um zu entscheiden, wie die Therapie auf dem Pferderücken für die Patienten effizient ist und welches Pferd bzw. welche Hilfsmittel eingesetzt werden. Zur Verlaufskontrolle kann ein Zwischenbericht erstellt werden. Auch das Gewicht des Patienten kann ein Hinderungsgrund für die Durchführung der Hippotherapie sein.

Wie lange dauert diese Therapie:

Die Behandlungsdauer beträgt je nach Belastbarkeit des Patienten 25-30 Minuten. Das Auf- und Absteigen ist auch ein Teil der Therapie: es werden Gangabläufe und kontrolliertes Stehtraining mit einbezogen. Die Therapie sollte regelmäßig mindestens einmal pro Woche stattfinden.

Wer übernimmt die Kosten:

Die Hippotherapie wird von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt. Private Krankenkassen, BG und Beihilfe übernehmen eventuell in Einzelfallentscheidungen die Kosten.
Bitte informieren sie sich im Vorfeld bei ihrer Krankenversicherung.
Es gibt auch Vereine und Stiftungen, die die Finanzierung unterstützen.

Kuscheln vor oder nach der Therapie